von bingenheimer
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31. Januar 2024
Hohe Wellen hat in Dreieich die Problematik um die Aufstellung einer Containerwohnanlage für Geflüchtete geschlagen. Die Unterbringungsfrage beschäftigt die Stadt seit längerem; es wurde eine Vielzahl von Menschen individuell mit Wohnraum versorgt, aber auch zwei Gemeinschaftsunterkünfte des Kreises hat die Stadt inzwischen, eine in der Otto-Hahn-Straße in Sprendlingen, 150 Personen, eine weitere in Dreieichenhain für 250 Personen. Die Stadt sucht verzweifelt nach Unterbringungsmöglichkeiten, da der Zustrom nicht abreißt und der Kreis immer weiter zuweist. Mitte letzten Jahres wurde dann eine Containerwohnanlage angeschafft, deren Kosten bereits mit der Aufstellung des Haushaltes 2023 Ende 2022 genehmigt worden war. Nun wurde der Container zwischengelagert, weil die Stadt nach einem Platz zum Aufstellen suchte und sucht. Die Geschehnisse um den Standort Götzenhain Bürgermeistern hatte Mitte Juni 2023 vertraulich Kontakt mit den Fraktionsvorsitzenden aufgenommen. Am 18. Juni 2023 präsentierte Bürgermeister Martin Burlon eine erste Liste mit möglichen neun Standorten für eine Containeranlage an die Fraktionsvorsitzenden und der Bitte um Stellungnahme und Entscheidung. Diese Liste enthielt den Standort Spielplatz Götzenhain noch nicht, ein Einbezug der Bürger bei der Frage fand nicht statt. Am 24. Juni hat die Fraktion Bürger für Dreieich dem Bürgermeister auf die Vorschlagsliste geantwortet, das Verfahren kritisiert und eine grundsätzliche Positionierung eingefordert, siehe weiter unten in Auszügen*. Wir haben alle neun Standorte abgelehnt, unter anderem auch den Standort Freibad. In einem folgenden Ältestenrat wurde von den Grünen angeregt, eine kurze Liste mit 6 Standorten einfach zu gewichten und dann jenen Ort zu wählen, der von der Mehrzahl der Abstimmenden befürwortet wird. An dieser Abstimmung haben wir uns bewusst nicht mehr beteiligt, weil die grundlegende Kritik, formuliert in dem Schreiben vom 24. Juni 2023 in keiner Weise aufgenommen worden war. Wir haben unsere grundsätzlichen Bedenken auch im Ältestenrat offen ausgesprochen. Die Entscheidung für den Spielplatz Götzenhain war von einer anderen Mehrheit getragen worden, die wir nicht unterstützen. Gründung der Bürgerinitiative "Gemeinsam für Dreieich" Kurz vor Weihnachten erhielten die Anwohner in Götzenhain die postalische Information, dass eine Containeranlage in ihrer Nachbarschaft aufgestellt werden soll. Das sorgte für spontane Aufruhr, die in der Durchführung einer Informationsveranstaltung und die Gründung einer BI mündete. Das Bürgerecho am 8. Januar 2024 war sehr groß, geschätzt um die 150 Personen drängelten sich in dem übervollen Veranstaltungsraum, um die Containeranlage auf dem Areal des ehemaligen Spielplatzes zu verhindern. Einige Besucher standen im Treppenhaus gedrängt, weil sie keinen Einlass fanden. Die Mehrheit der dort anwesenden Götzenhainer waren bereit, sich gemeinsam gegen Entscheidungen der Kommunalpolitik zu wehren, die vollständig intransparent und an den Interessen der Menschen vorbei getroffen worden war. Von politischer Seite waren zwei Fraktionen vertreten: die FDP mit Fraktionschef Kowalski und Stadtverordneten Schetzkens sowie wir selbst, BfD Bürger für Dreieich, vertreten durch Fraktionsvorsitzende Natascha Bingenheimer. Die Ausführungen der FDP möchten wir nicht kommentieren, aber wir selbst haben uns hinter die Kritik der Bürger gestellt. Im Anschluss fand die Gründung der BI statt, die inzwischen auch eine Webseite hat: https://gemeinsamfuerdreieich.de Die BI hat angekündigt, ein Bürgerbegehren in Gang zu setzen: " Die bestehende Infrastruktur in Dreieich ist bereits heute über die Grenze des Erträglichen belastet. Die bekannt gewordenen Pläne der Stadt Dreieich sehen vor, weitere Flüchtlingseinrichtungen inmitten von Wohngebieten zu bauen und zu betreiben. Der bisher vorangetriebene Prozess der Stadt Dreieich ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar und intransparent und wirft Fragen der Rechtmäßigkeit auf." Bauaufsicht macht Auflagen - Stadt will Standort im Höchsten nicht weiter verfolgen Die Bauaufsicht hat den Planungen der Stadt einen Strich durch die Rechnung gemacht. Am 30. Januar veröffentlichte die Stadt eine Presseerklärung. Der Standort Im Höchsten wird nicht weiter verfolgt. Unsere Forderungen und Implikationen Mit der Ablehnung eines einzelnen Aufstellungs-Standortes ist unserer Auffassung nach die Problematik weder erschöpft noch hinreichend abgearbeitet. Es ist vielmehr so, dass Götzenhain den Startschuss abgibt, um grundlegende politische Problematiken zu diskutieren und zu Gehör zu bringen. Der prozedurale Aspekt - wenig bis gar keine Transparenz für die Bürger Das Phänomen bezieht sich auch auf weitere Sachverhalte der Geschichte der Stadtpolitik wie die geplante Erweiterung der Ricarda-Huch-Schule in den Bürgerpark hinein, sieh dazu in unserem Blog . Ähnlich lief es mit der Einführung des Hoppers ( zu unserem Blog ). Wir erinnern uns auch an die Geschehnisse um die Lettkaut oder den Ärger um die Neue Mitte. Zentral war und ist, dass Informationen nicht transparent übermittelt werden, Entscheidungen immer wieder in kleinen geschlossenen Zirkeln hinter verschlossenen Türen getroffen werden. Das muss ein Ende haben, denn es ist zutiefst undemokratisch. Der inhaltliche Aspekt - zur Zukunft unserer Stadt Die Menschen hier machen sich sehr wohl Überlegungen über die Zukunft unserer Stadt. Sie sehen, dass Kita-Plätze ein seltenes Gut sind; es gibt Wartelisten und längst nicht alle werden mit Plätzen versorgt. Sie sehen, dass es in Dreieich keinen bezahlbaren Wohnraum mehr gibt und der Wohnraummangel eine Preisspirale nach oben in Gang setzt - Wohnen wird immer teurer. Sie sehen, dass die Schulen aus den Nähten platzen. Sie sehen, dass weitere Zuwanderung die Infrastruktur endgültig überstrapaziert, dass unsere freien Flächen ein kostbares Gut sind, das es zu bewahren gilt. Und sie sehen, dass wir bereits nächstes Jahr wieder derart überschuldet sein werden wie 2011, als das Projekt Kienbaum an den Start ging, um die Finanzen in Ordnung zu bringen. Die Frage lautet: Wie viele Bewohner verkraftet diese Stadt Dreieich? Offener Diskurs Der Diskurs muss offen geführt werden. Die Bürger müssen in die Entscheidungen mit eingebunden werden, sie müssen direkt darüber abstimmen können. Politik ist ein Mandat auf Zeit und lädt nicht zu einem 4- oder 5-jährigen Monarchentum ein. Es verbieten sich geschlossene Zirkel hinter zugemauerten Türen. Informationen müssen frei fließen können. Framing und Diffamierung sind kein Zeichen einer gelungenen Demokratie, sie deuten vielmehr auf ein Scheitern des Mitspracherechtes. Die Einordnung in Schubladen links-rechts ist Ausdruck eines allgemein um sich greifenden Populismus, der an der tieferen Auslotung von Sachverhalten schlicht vorbeigeht. Wir, Bürger für Dreieich, vertreten die Auffassung, dass Entscheidungen mit Tragweite mit der wählenden Basis zwingend rückgekoppelt werden müssen. Wir fordern eine Offenlegung aller Fakten und Informationen für die Bürger, wir fordern den unvoreingenommenen Dialog und einen ergebnisoffenen Diskurs. Wir f ordern eine offene und transparente Diskussion um die Migrations-Problematik auf der Kommunalebene mit allen Bürgern und unterstützen in diesem speziellen Fall das Anliegen der Bürgerinitiative in Götzenhain ausdrücklich. Wir glauben weiter, dass das Thema nicht nur für Götzenhain relevant ist, sondern für die ganze Stadt Dreieich, und dass hier eine sachliche Auseinandersetzung mit offenem Visier und klaren Worten sowie guten Argumenten geführt werden muss. -------------------------------------------------- * Auszug der Stellungnahme BfD vom 24. Juni 2023 an den Bürgermeister und später an die anderen Fraktionsvorstitzenden: … Sind wir in der Zusammenfassung zum Schluss gekommen: „Die vorgeschlagenen Standorte sind unserer Auffassung nach für eine Unterkunft in toto nicht geeignet.“ Weiter haben wir geschrieben: Transparenz Eine angemessene Transparenz bei der Festlegung in Frage kommender Flächen ist das Gebot der Stunde. Wir kritisieren, dass Entscheidungen mit weit reichenden Konsequenzen nicht öffentlich diskutiert werden. Entsprechende Vorschlagslisten gehören in eine Bürgerversammlung oder eine online-Abstimmung, weil dies die einzige Möglichkeit darstellt, Akzeptanz bei der Bevölkerung zu erzeugen. Vorschläge Um den weiteren Prozess konstruktiv angehen zu können, schlagen wir vor: ……………….. 2. Die Stadt Dreieich bekennt sich wie andere Kommunen dazu, dass die Belastungsgrenze bei der Aufnahme erreicht ist. Dies betrifft nicht nur den fehlenden Mietwohnungsraum, sondern auch die sogenannten „freien“ Flächen und deren Verfügbarkeit. Im Hinblick auf die städtischen Finanzen und Infrastruktur ist die Belastungsgrenze unserer Auffassung nach ebenfalls erreicht. Die Thematik wird inzwischen nicht nur von Kommunalvertretern, sondern auch von Länder- und Bundesvertretern angesprochen und sollte der Einstieg in einen abwägenden Diskurs um die Unterbringungs-, Finanz- und Sozialproblematik sein. ……………… Abschließend ist zu sagen, dass fehlende Beschlüsse und mangelnde Unterstützung durch Bund und Länder nicht unbedingt zu einer Lösung beitragen. Umso wichtiger ist es, dass die Kommunen die Problematik thematisieren, offen adressieren und die Bürgerinnen und Bürger miteinbeziehen.